13  Vorträge

Neben dem schriftlichen Kommunikationsformat, dessen Basis das Manuskript ist, sind vor allem zwei verbale Kommunikationsformate im wissenschaftlichen Kontext gebräuchlich. Zum einen ist das der wissenschaftliche Vortrag (d.h., zu Foliensatz gesprochene Präsentation). Zum anderen ist das das wissenschaftliche Poster (d.h., zu Poster gesprochene Präsentation). Für jedes dieser Kommunikationsformate gibt es Richtlinien, welchen eine gewisse Allgemeingültigkeit zukommen. In diesem Kapitel werden diese Richtlinien für wissenschaftliche Vorträge präsentiert. Im nächsten Kapitel werden sie für wissenschaftliche Poster präsentiert.

13.1 Inhalte eines Vortrages

Weniger ist mehr!

Die Inhalte des Vortrags sollen kurz und prägnant dargestellt werden. Daher sollte auch bei Vorträgen die Strategie Kill your darlings angewendet werden. Das bedeutet, dass bereits erstellte Folien oder Sätze gelöscht werden sollten, wenn diese nicht mehr ganz passend erscheinen.

Die Inhalte eines wissenschaftlichen Vortrags decken sich mit den Inhalten eines wissenschaftlichen Manuskripts. Daher kann man sich bei der Gestaltung des Vortrags an die Bestandteile der Manuskriptgestaltung orientieren:

  • Titelfolie
    • Titel: Es sollte ein ansprechender Titel gewählt werden, um das Interesse des potentiellen Publikums zu wecken. Für Vorträge können ruhig etwas frechere und provokative Titel gewählt werden.

    • Autoren und Affiliation: Auf der Titelseite werden alle Autorinnen und Autoren genannt. Ein Kontakt wird in Form einer offiziellen E-Mail Adresse eines Autors bzw. einer Autorin angegeben. Zudem sollte angegeben werden, an welcher Universität die Forschung durchgeführt wurde.

      Richtlinien für Autorenschaften

      Wie bei den anderen wissenschaftlichen Arbeiten (z.B. Artikel oder Poster) gelten dieselben Richtlinien für die Autorinnen und Autoren eines Vortrages. Es gibt aber eine zusätzliche Richtlinie: Im Fall eines Vortrags wird typischerweise erwartet, dass die Person an der ersten Position den Vortrag hält. Im Fall von studentischen Arbeiten können aber andere Reihenfolgen festgelegt werden / gefordert sein (wie z.B. eine alphabetische Reihenfolge).

  • Einführung
    • Das Interesse des Publikums wird mit einem Beispiel oder einer allgemeinen Aussage geweckt.
    • Die zentralen Konzepte der Studie werden erklärt.
    • Die Forschungsfrage der Studie wird genannt.
    • Die bisherige Literatur wird integriert und synthetisiert. Das heisst, dass die wichtigsten bisherigen Befunde, die für die Studie relevant sind, kurz und prägnant genannt werden. Gleichzeitig werden Befunde, die nicht direkt für die Forschungsfrage relevant sind, weggelassen.
    • In ein bis zwei Sätzen wird aufgeführt, worin die Forschungslücke besteht, und wie diese mit der Studie geschlossen wird.
    • Die Hypothesen werden aus den präsentierten Befunden abgeleitet und genannt. Es ist zu beachten, dass in einem Vortrag die Hypothesen nicht zwingend ausformuliert werden müssen. Sie können gut als hypothetische Abbildung dargestellt werden (z.B. anhand eines Balkendiagramms entsprechend dem experimentellen Design).
  • Methode
    • Stichprobe: Die Stichprobe wird beschrieben (z.B. Studierende oder Freunde, Verwandte oder Kollegen von Studierenden). Das Alter, Geschlecht und weitere demographische Angaben werden angegeben. Platzhalter werden verwendet, wenn bestimmte Angaben noch nicht bekannt sind (z.B. das Durchschnittsalter der Stichprobe war XX (SD = XX) Jahre).
    • Material: Das Material, welches für die Durchführung der Studie benötigt wird, wird beschrieben.
    • Durchführung: Der Ablauf des Experiments wird als Ganzes beschrieben. Der Ablauf jeder einzelnen Aufgabe, inklusive einer detaillierten Beschreibung eines Durchlaufs einer Reizpräsentation (engl. Trial) wird auch beschrieben. Es soll nicht vergessen werden, die Präsentationsdauer der jeweiligen Bildschirminhalte anzugeben. Für Vorträge sind dazu schematische Abbildungen sehr gut geeignet.
Vorträge vor der Datenerhebung

In internen Kolloquien (z.B. innerhalb einer Forschungsgruppe) werden Projekte oft auch schon vor der Datenerhebung präsentiert. Dies wird beispielsweise eingesetzt, um über die Forschungsfrage, Hypothese(n) und Methoden zu diskutieren. In einem solchen Fall besteht der Vortrag lediglich aus Einführung und Methoden.

  • Resultate
    • Die wichtigsten Resultate, die für die Forschungsfrage von Bedeutung sind, werden im deskriptiven Format präsentiert. Abbildungen sind bei Vorträgen besonders dafür geeignet, da sie auf einen Blick «gelesen» werden können. Abbildungen sind deshalb Tabellen vorzuziehen.
    • Inferenzstatistische Kennwerte müssen nicht auf die Folien geschrieben werden. Es sollte jedoch bei der mündlichen Präsentation der Resultate auf allfällige Signifikanzen und Effektstärken eingegangen werden.
  • Diskussion
    • Die wichtigsten Befunde werden im Zusammenhang mit den Befunden der bisherigen Forschung im Feld dargestellt.
    • Am Schluss wird eine Schlussfolgerung / Take Home Message formuliert, die den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zusammenfasst.
  • Literaturverzeichnis
    • Bei wissenschaftlichen Vorträgen an Konferenzen kommt es selten vor, dass ein Literaturverzeichnis eingefügt wird. Studien werden normalerweise mit der Nennung der Autoren, des Publikationsjahrs und der offiziellen Abkürzung der Zeitschrift auf den entsprechenden Folien zitiert. Zum Beispiel: «Although synesthetes outperformed controls significantly on recognition memory but not on priming, the data were best explained by the single system computational model (Rothen et al., 2020, Mem Cognit).»
    • In studentischen Arbeiten kommt es manchmal vor, dass auf der letzten Folie ein Literaturverzeichnis präsentiert wird, das APA konform formatiert ist. Ob ein Literaturverzeichnis erforderlich ist oder nicht, ist Sache der Betreuerin bzw. des Betreuers.
Erklärung der Abbildungen bei der mündlichen Präsentation

Abbildungen müssen bei der mündlichen Präsentation erklärt werden. Der Grund dafür ist, dass die Abbildungen für die Zuhörerinnen und Zuhörer nicht direkt und im Detail selbsterklärend sind. Im Fall einer Abbildung die im Methodenteil präsentiert wird, wird zum Beispiel erwartet, dass erklärt wird, was in der Abbildung gezeigt wird (z.B. die Reihenfolge eines Durchgangs, welches mit der Präsentation eines Fixationskreuzes beginnt und dann von der Präsentation eines Reizes gefolgt wird, usw.). Im Fall einer Abbildung im Resultate-Teil mit deskriptiver Statistik wird erwartet, dass folgende Elemente der Abbildung erklärt werden:

  • was auf der X-Achse und der Y-Achse abgebildet wird

  • was für Bedingungen in der Legende dargestellt sind

  • die Unterschiede bzw. die Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen experimentellen Bedingungen, welche in der Abbildung ersichtlich sind

13.2 Formale Aspekte eines wissenschaftlichen Vortrags

  • Nach Möglichkeit sollte ein 16:9 Folienformat verwendet werden.
  • Es wird auf starke Kontraste geachtet, die bei Projektionen des Vortrags auch bei ungünstigen Beleuchtungsverhältnissen gut wahrgenommen werden. Es sollten nicht zu viele Farben verwendet werden, da dies einen negativen Einfluss auf den Kontrast haben kann.
  • Grosse Schriften werden verwendet. Diese sollen aus grosser Distanz in einem vollen Vorlesungssaal gut gelesen werden können:
    • zwischen 40 und 50 Punkte für die Titelfolie
    • zwischen 24 und 36 Punkte für den Haupttext
    • zwischen 16 und 20 Punkte für weniger relevante Informationen
  • Allfällige Referenzen werden entweder mit der Nennung der Autoren, des Publikationsjahrs und der offiziellen Abkürzung der Zeitschrift auf den entsprechenden Folien oder mit Referenzen ohne Zeitschriftenangabe und einem Literaturverzeichnis am Schluss berichtet. Es sollte sich bei der Betreuerin oder dem Betreuer informiert werden, welche Option erforderlich ist.

13.3 Praktische Hinweise zur Vortragsgestaltung

Da nun alle formalen Aspekte eines Vortrags bekannt sind, möchten wir noch ein paar Hinweise hinsichtlich der Vorbereitung geben. Bei der Vorbereitung eines Vortrags ist es wichtig, die Elemente zu bestimmen, die im Vortrag enthalten sein sollen und diese in eine logische Reihenfolge zu bringen. Folgende Fragen können dabei hilfreich sein:

  • Welche Elemente sollen im Vortrag enthalten sein?
  • Welches sind die wichtigsten Aussagen?
  • Wie sollen die Elemente dargestellt werden (als Text, Tabelle oder Abbildung)?
  • Wie sollen die einzelnen Elemente auf den Folien angeordnet werden?
  • Enthält jede Folie eine zentrale Aussage?
  • In welcher Reihenfolge ergeben die Aussagen am meisten Sinn (logischer Aufbau)?

Nach Vorbereitung und Beantwortung dieser Fragen kommt die Realisierung des Vortrags. Dies kann zum Beispiel mit Powerpoint oder dem Beamer Package in LaTeX / Overleaf gemacht werden.

13.4 Beispiele von Vorträgen

Nachfolgend werden einige Beispiele von Vorträgen aufgeführt. Die Vorträge folgen mehr oder weniger diesen Richtlinien. Dies verdeutlicht, dass es keine festen Regeln bei den Vorträgen gibt, wie das mit den APA Regeln für das Manuskript der Fall ist. Zusätzlich zu den Vorträgen verlinken wir auch die dazugehörigen wissenschaftlichen Publikationen. Dies erlaubt einzuschätzen, wie detailliert in Vorträgen berichtet wird.

13.5 Üben des Vortrags

Wenn der Vortrag fertig vorbereitet ist, sollte er in Sprechlautstärke geübt werden! Dabei sollte überprüft werden, ob die Inhalte ruhig präsentiert werden können, ohne die zulässige maximale Dauer zu überschreiten. Der Vortrag sollte so lange geübt werden, bis dies zuverlässig gelingt und man sich gut vorbereitet fühlt.

Das Üben des Vortrags liefert auch Hinweise darauf, ob die umgesetzte logische Struktur Sinn ergibt. Falls Schwierigkeiten bei einzelnen Folienübergängen auftreten und der rote Faden verloren geht, sollte die logische Struktur des Vortrags entsprechend verbessert werden.

Die Folien sind die Notizen

Die Inhalte der Folien sollen als Notizen verwendet werden, und der Vortrag sollte frei gehalten werden (d.h. ohne zusätzliche Notizen). Wenn dies gelingt, kann man sicher sein, dass die Materie gut verstanden wurde. Falls zusätzliche Notizen benötigt werden, deutet das darauf hin, dass die Materie nicht genug gut verstanden wurde. In diesem Fall sollte man sich erneut mit der Materie auseinandersetzen, bis der Vortrag frei gehalten werden kann. Nur so kann das Publikum von den Inhalten des Vortrags überzeugt werden.