7  Struktur im Manuskript

Ein inhaltlich gut strukturiertes Manuskript vereinfacht das Verständnis. Da eine Forschungsarbeit zumeist komplexe Inhalte vermitteln soll, ist es essentiell, dass er gut strukturiert ist. Beim Schreiben eines Manuskriptes soll die Struktur auf folgenden Ebenen berücksichtigt werden: auf der Ebene des gesamten Manuskriptes, jedes Manuskriptteils, jedes Absatzes, jedes Satzes sowie auf der Wortebene. Die Struktur auf jede dieser Ebenen wird im Folgenden behandelt.

Forschungsarbeit vs. literarische Arbeit

Eine Forschungsarbeit ist keine literarische Arbeit. Es soll ein Sachverhalt möglichst präzise, transparent und verständlich vermittelt werden. Ästhetik ist in dieser Hinsicht immer zweitrangig.

7.1 Struktur des Manuskriptes

Die übergeordnete Struktur empirischer Artikel ist durch folgende Manuskriptteile gegeben: Titel(-seite), Kurzfassung, Einleitung, Methode, Resultate, Diskussion und Literaturverzeichnis. Tabelle 7.1 gibt einen Überblick über die einzelnen Manuskriptteile und deren Unterteile. Zusätzlich zu den typischen Manuskriptteile, die in Tabelle 7.1 präsentiert werden, können noch folgende Teile kommen: Autorenbeiträge, Fussnoten, Tabellen, Abbildungen und Anhang.

Tabelle 7.1: Überblick über die Manuskriptteile
Manuskriptteile Elemente Bemerkungen
Titel
Kurzfassung
Einleitung Erster Absatz (auch: einleitender Absatz) Interesse wecken
Definition der Hauptkonzepte
Forschungslücke
Forschungsfrage
Integration und Synthese der bisherigen Forschung
Ausführliche Darstellung der Forschungslücke
Hypothesen
Methode Versuchspersonen
Material
Durchführung
Design (falls separat)
Analysen (falls separat)
Resultate Hauptanalyse(n) Zuerst deskriptive Statistik
Dann Inferenzstatistik
Weitere Analysen Zuerst deskriptive Statistik
Dann Inferenzstatistik
Diskussion Zusammenfassung der Resultate Im ersten Absatz
Integration der Befunde in bisherige Forschung
Limitationen (nicht zwingend)
Schlussfolgerung bzw. Erkenntnisgewinn Im letzten Absatz
Literaturverzeichnis
Was wird im Manuskript betitelt?

Im Manuskript werden typischerweise die Teile wie Kurzfassung, Einleitung, Methode, Resultate, Diskussion, Autorenbeiträge, Literaturverzeichnis und Anhang betitelt. Auch die Elemente des Methodenteils, wie Versuchspersonen, Material, Durchführung, Design (falls separat) und Analysen (falls separat), werden betitelt. Es ist jedoch unüblich, die weiteren in Tabelle 7.1 genannten Elemente zu betiteln.

Grundsätzlich kann man sich die übergeordnete Struktur der Hauptteile - d.h. Einleitung, Methode, Resultate, und Diskussion - wie eine Sanduhr vorstellen (breit – schmal – breit; auf den Inhalt eines Artikels bezogen allgemein – spezifisch – allgemein; siehe Abbildung 7.1). Ein Artikel beginnt immer mit einer allgemeinen Einleitung, die zu den spezifischen Methoden hinführt, welche wiederum spezifische Resultate produzieren, von denen in der Diskussion allgemeine Erkenntnisse abgeleitet werden.

Abbildung 7.1: Darstellung der übergeordneten Struktur eines Manuskripts wie eine Sanduhr (Bildquelle für die Sanduhr).

7.2 Struktur der Hauptteile

Der übergeordneten Struktur eines Artikels folgend, sind auch die einzelnen Teile entsprechend strukturiert. Inhaltlich organisiert sich die Einleitung vom Allgemeinen zum Spezifischen hin. Zu Beginn werden die zentralen Konzepte eingeführt, die Forschungslücke etabliert, die Forschungsfrage genannt, der gegenwärtige Forschungsstand eingeführt, und davon abgeleitet, die spezifischen Hypothesen formuliert. Zu diesem Zweck enthält die Einleitung vier Unterteile. Erstens gibt es einen einleitenden Absatz. In diesem Absatz wird das Interesse geweckt, dann werden die Hauptkonzepte definiert und am Schluss dieses Absatzes werden die Forschungslücke sowie die Forschungsfrage spezifisch genannt. Nach dem ersten Absatz folgen mehrere Absätze, welche die Forschungsfrage in die bisherige Forschung integriert und dabei die bisherige Forschung synthetisiert. Danach wird die Forschungslücke ausführlich in einem eigenen Absatz dargestellt. In diesem Absatz wird auch beschrieben, wie die aktuelle Studie diese Forschungslücke schliesst. Abschliessend werden die Hypothesen als spezifische Voraussagen im Hinblick auf die zu erwartenden Befunde formuliert. Die Hypothesen werden dabei aus der Integration und Synthese der bisherigen Forschung abgeleitet.

Nach dem Absatz mit den Hypothesen in der Einleitung folgen die Methoden. Der Methodenteil ist im Vergleich zur Einleitung nicht allgemein theoretisch, sondern sehr spezifisch auf das eigene Experiment ausgerichtet. Inhaltlich organisiert sich der Methodenteil weiter vom Allgemeinen zum Spezifischen. Zu Beginn wird die Stichprobe, dann das verwendete Material beschrieben und zum Schluss die experimentelle Prozedur beschrieben. Inhaltlich sind auch die Unterteile Stichprobe, Material, und Prozedur so organisiert, dass sie vom Allgemeinen zum Spezifischen gehen. Gut ersichtlich ist dies zum Beispiel an der Prozedur, welche zuerst die grobe Struktur des Ablaufs beschreibt und erst zum Schluss auf die Struktur eines einzelnen Durchgangs in einer Aufgabe eingeht. Nach der Prozedur werden auch häufig das experimentelle Design sowie die Datenanalyse in eigenen Abschnitten aufgeführt.

Nach den Methoden folgen die Resultate. Ab hier verhält sich die inhaltliche Struktur umgekehrt, nämlich vom Spezifischen zum Allgemeinen. Das heisst, es wird immer zuerst die Hauptanalyse berichtet. Dabei handelt es sich um die Analyse, welche am spezifischsten auf die Forschungsfrage ausgerichtet ist. Erst danach folgen weitere Analysen, welche zusätzliche («allgemeinere») Erkenntnisse liefern.

Nach den Resultaten folgt die Diskussion. Auch der Teil der Diskussion ist inhaltlich vom Spezifischen zum Allgemeinen organisiert. Zu Beginn werden in Worten nochmals die Hauptbefunde der statistischen Analysen zusammengefasst, bevor deren Bedeutung diskutiert wird. Auch die eigentliche Diskussion der Resultate verläuft vom Spezifischen zum Allgemeinen. So wird zuerst diskutiert, was die Resultate hinsichtlich der spezifischen Forschungsfrage bedeuten. Darauf folgt dann die Integration mit der bestehenden Forschung (Diskussion der Bedeutung der Resultate für das Forschungsfeld). Anschliessend werden manchmal auch Limitationen des Experiments erwähnt. Abgeschlossen wird die Diskussion zumeist mit einer allgemeinen Schlussfolgerung hinsichtlich einer generelleren Bedeutung der Resultate.

7.3 Struktur eines Absatzes

Die einzelnen Manuskriptteile bestehen jeweils aus mehreren Absätzen. Dabei wird jeder Absatz mit einem Themensatz (engl. topic sentence) eingeleitet. Den Themensatz kann man sich wie einen Titel des Absatzes vorstellen. Der Themensatz gibt das Thema des Absatzes bekannt. Jeder Absatz behandelt dementsprechend nur ein Thema. Innerhalb eines Absatzes wird ein Thema vom Allgemeinen zum Spezifischen hin behandelt. Das Thema wird innerhalb eines Absatzes nur so weit behandelt, wie es für die spezifische Forschungsfrage des Artikels relevant ist. Das Thema wird innerhalb des Absatzes abschliessend behandelt, so dass das gleiche Thema nicht mehrmals im gleichen Manuskriptteil behandelt wird. Der letzte Satz in einem Absatz leitet zum Thema des nächsten Absatzes weiter, welcher wiederum mit einem Themensatz eingeführt wird. Daraus resultiert, dass innerhalb eines Absatzes ein Thema nach dem anderen behandelt wird. Das heisst, inhaltlich bildet sich innerhalb eines Absatzes ein linearer thematischer Verlauf.

Ein Absatz: Mehr als einen Satz!

Ein einzelner Absatz besteht per Definition nie aus einem einzigen Satz. Es sind mindestens zwei Sätze für einen Absatz nötig.

7.4 Struktur eines Satzes

Um das Verständnis zu vereinfachen, sollte die Satzstruktur in wissenschaftlichen Arbeiten möglichst einfach gehalten werden. Einzelne Sätze sollten möglichst prägnant sein. Jeder Satz soll logisch auf den vorangehenden Satz folgen. Gedankensprünge zwischen einzelnen Sätzen sollen unbedingt vermieden werden.

Ein Weg Sätze logisch zu verknüpfen ist die Verwendung von Bindewörtern (vgl. Tabelle 7.2). Hier sind jedoch die folgenden Regeln zu beachten:

  • Man muss jedoch sparsam mit Bindewörtern umgehen. Nicht jeder Satz muss ein Bindewort enthalten.

  • Die Bedeutung des Bindeworts muss beachtet werden.

  • Bei Vergleichen sollten diese auf derselben konzeptuellen Ebene stattfinden (z.B. zwei Theorien oder Methoden, aber nicht theoretische und methodische Aspekte).

Tabelle 7.2: Die Tabelle listet exemplarisch einige Bindewörter, deren Bedeutung und Beispiele zu deren Verwendung im Kontext.
Bindewort Bedeutung Beispiel
Im Gegensatz dazu… / Aber… / Jedoch… Direkte vergleichende Gegenüberstellung Oftmals werden Personen mit beeinträchtigten Gedächtnisleistungen getestet, um Gedächtnistheorien zu informieren. Im Gegensatz dazu werden Personen mit ausserordentlich guten Gedächtnisleistungen dazu kaum berücksichtigt.
Einerseits… Anderseits… Vergleich von zwei widersprüchlichen Informationen Einerseits deuten erhaltene Gedächtnisfunktionen bei Patienten mit Hirnschädigung darauf hin, dass deklarative und nicht-deklarative Gedächtnisprozesse zwei unterschiedlichen Systemen unterliegen. Anderseits deuten Rechenmodelle darauf hin, dass deklarative und nicht-deklarative Gedächtnisprozesse von einem System ausgehend modelliert werden können.
Frühere… Neuere… Vergleich mit einer zeitlichen Komponente Frühere Studien deuten darauf hin, dass ein Defizit im deklarativen Gedächtnis auf Grund einer Hirnschädigung oftmals mit einem intakten nicht-deklarativen Gedächtnis einhergeht. Neuere Studien weisen darauf hin, dass ein Defizit im deklarativen Gedächtnis immer auch mit einer Beeinträchtigung des nicht-deklarativen Gedächtnis einhergeht.
Erstens… Zweitens… usw. Aufzählung von zwei oder mehr Elementen, die sich nicht widersprechen Erstens zeigen die Befunde der vorliegenden Studie, dass bei Personen mit aussergewöhnlichen Gedächtnisleistungen im deklarativen Gedächtnis auch nicht-deklarative Gedächtnisleitungen betroffen sind. Zweitens zeigen die Befunde, dass die Gedächtnisleistungen dieser Personen ausgehend von einem Gedächtnissystem mit einem Rechenmodell modelliert werden können.
(a),… (b),… (c),… Aufzählung von Elementen innerhalb eines Satzes In einem experimentellen Durchgang wird (a) ein Fixationskreuz, (b) ein weisser Bildschirm, (c) ein Zielwort und (d) nochmals ein weisser Bildschirm präsentiert. Danach folgt der nächste Durchgang.
Zum Beispiel… / Beispielsweise… Es folgt ein konkretes Beispiel Der Fragebogen beinhaltet Fragen zu verschiedenen Aspekten von Gedächtnis. Beispielsweise wird erfragt, wie oft geplante Aktivitäten vergessen werden.
Somit… / Darum… / Demzufolge… Es folgt eine Konsequenz Unsere Befunde deuten darauf hin, dass das deklarative Gedächtnis in der getesteten Stichprobe stärker beeinträchtigt ist als das nicht-deklarative Gedächtnis. Demzufolge weisen diese Befunde darauf hin, dass deklarative und nicht-deklarative Gedächtnisprozesse zwei unterschiedlichen Gedächtnissystemen unterliegen.
Abschliessend… / Schliesslich… Abschliessende Konsequenz (muss wirklich am Ende stehen) Abschliessend halten wir fest, dass unsere Befunde drauf hindeuten, dass deklarative und nicht-deklarative Gedächtnissysteme nicht gänzlich unabhängig voneinander sind.

7.5 Struktur auf Wortebene

Einzelne Wörter können sehr viel zur Struktur eines Artikels beitragen. Das inhaltliche Verständnis eines Artikels wird massgeblich durch eine präzise Verwendung von Begriffen erhöht. Dabei gelten folgende Richtlinien:

  • Um unnötige Verständnisschwierigkeiten zu vermeiden, ist es essentiell, dass für die gleichen Konzepte innerhalb eines Artikels konsistent die gleichen Begriffe verwendet werden.

  • Wertende Adjektive im Spezifischen sowie eine wertende Sprache im Allgemeinen werden vermieden. Wissenschaftliche Texte haben zum Ziel, Sachverhalte darzulegen und diese möglichst neutral zu interpretieren.

  • Fachbegriffe in der Sprache, in der der wissenschaftliche Text verfasst wird, werden bevorzugt. Beispielsweise, wenn ein Text auf Deutsch verfasst wird und Übersetzungen dieser Fachbegriffe häufig verwendet werden, sollten deutsche Fachbegriffe vor englischen Fachbegriffen bevorzugt werden. Wenn es keine geeignete Übersetzung gibt, wird der englische Fachbegriff verwendet. Dieser soll jedoch beim ersten Auftreten kursiv geschrieben werden.

Kursive Schrift für zentrale Konzepte

Auch deutsche Begriffe, die zentrale Konzepte bezeichnen, können bei der ersten Verwendung in kursiver Schrift geschrieben werden. Diese Regel ist aber nicht verpflichtend.

Geschlechtergerechter Sprachgebrauch

Wenn der Text auf Deutsch verfasst wird, stellt sich die Frage des geschlechtergerechten Sprachgebrauchs. In diesem Fall gibt es keine festen Konventionen. Die deutsche Sprache bietet viele Optionen, geschlechtergerecht zu formulieren. Zum Beispiel präsentiert DUDEN einige davon. Wichtig ist, dass wenn man sich für eine Option entschieden hat, man diese Option konsistent verwendet.